Testberichte und Vergleichstests zur KTM LC4 640



Hier sind ein paar Tests und Berichte über die KTM.
Ich habe diese auf der Homepage von Motorradonline gefunden.
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Vergleichstest Husqvarna TE 610E gegen KTM 640 LC4

Vergleichstest Honda Vigor, Yamaha TT600R, Suzuki DR650SE, und KTM 640 LC4

Vergleich KTM 640 LC4 E und Yamaha TT 600 R

Beschleunigungstest Suzuki GSX-R 1000, Kawasaki ZX-12R, Harley-Davidson V-Rod,
Yamaha Vmax, KTM LC4 640 Supermoto


Konzeptvergleich Enduros BMW R 1150 GS, Honda XL 650 V Transalp,
KTM LC 4 625 Supercompetition, MZ Baghira Enduro, Suzuki DR-Z 400 S


Kultwerk Orange - Mit der 640er-Enduroversion hat die KTM LC4 die Zuverlässigkeit erreicht, von der die Besitzer der Vorgängermodelle noch träumten. Macht das den Gebrauchtkauf einfacher?



Vergleichstest Husqvarna TE 610 E gegen KTM 640 LC 4


Die elektrischen Reiter

Husqvarna und KTM setzen ihre großen Enduros unter Strom, was nicht nur Gelände-Cowboys entgegenkommt.

Von Holger Hertneck; Fotos: Sdun-Heinlein, Brodbeck, Hertneck

Ohne jegliche Vorwarnung absterbende Motoren gehören zu den unangenehmen Seiten mancher Enduros: Vor roten Ampeln mutieren ihre Fahrer zu vielbelachten Trampeltieren, in kniffligen Geländepassagen rauben sie die letzten Kräfte. Wer weder laut fluchend noch schwitzend am Straßenrand oder mitten in der Pampa kicken möchte, zeigt Köpfchen und kauft Husqvarna TE 610 E oder KTM 640 LC 4. Die haben Knöpfchen, ein sanfter Daumendruck aktiviert ihre E-Starter - und weiter geht’s. Durchaus ein Aspekt, der Unentschlossenen den Schritt ins Enduro-Lager erleichtern könnte.
Zusätzlich zum E-Starter protzen beide Testkandidaten mit dem für echte Haudegen unverzichtbaren Kickstarter. Zwei kräftige Tritte genügen der KTM, und sie bollert vor sich hin. Als wahres Glücksspiel erweist sich hingegen die Per- pedes-Startprozedur bei der TE. Entweder reagiert ihr Motor auf den ersten Tritt, oder er schweigt für immer. Erfolgreichen Kickversuchen steht außerdem die weit abragende Soziusraste im Weg.
Was soll’s. Schließlich hat man ja E-Starter, und diese Form des Weckens scheint auch den Motoren sehr zu behagen. Zwar verweilt der rechte Daumen bei der kalten Husky etwas länger auf dem Knopf, im warmen Zustand genügt dann aber wie bei der KTM ein kurzes Antippen, und der Motor verrichtet seine Arbeit.
Während die TE 610 E Bewegungen der Gashand mit laut röchelndem, heiserem Ansauggeräusch quittiert und nahezu ohne Vibrationen ihrer Wege zieht, schüttelt und vibriert das KTM-Aggregat seinen Reiter mächtig durch. Es überzeugt aber durch spontanen, kräftigen Antritt in allen Lagen und setzt diesen Vorteil auch auf der Piste um: Driften auf jedem Untergrund gelingt mit der LC 4 leichter und kontrollierter, da sie beim schnellen Gasaufreißen keinerlei „Bedenkzeit“ für die Umsetzung dieses Befehls benötigt. Im Gegensatz zur Husky, die zwar unverzüglich zu röcheln beginnt, aber die Befehle ihres Reiters etwas zeitverzögert in Vortrieb ummünzt. Eine Eigenheit, die weniger geübten Fahrern allerdings im Gelände entgegenkommt.
Doch erledigen wir zunächst die Straßenwertung: Beide Kandidaten wurden vor Testbeginn auf grobstollige Pirelli MT 21 umbesohlt. Eine Reifenpaarung, die klaglos mittelschwere Geländeeinlagen verträgt, ohne mit nennenswerten Einbußen im Straßenbetrieb zu nerven. Kurvenhatz mit abenteuerlichen Schräglagen gelingen TE 610 E und LC 4 gleichermaßen. Bei schnell aufeinanderfolgenden Wechselkurven bis zu einer Geschwindigkeit von etwa 50 km/h hat die extrem handliche Husky die Nase einen Tick vorn, danach schiebt sich die KTM dank besserer Fahrstabilität in Führung.
Das Fahrwerk der Husqvarna überzeugt im Einpersonenbetrieb mit feinem Ansprechverhalten und viel Komfort. Etwas zu straff geraten zeigt sich die KTM, die auf kurzen Bodenwellen leicht bockt. Im Zweipersonenbetrieb sieht es hingegen anders aus: Die LC 4 liegt himmelweit vor der erbärmlich in die Knie gehenden, viel zu weichen Husky. Auch das Platzangebot läßt zu wünschen übrig: Dem Husky-Sozius drückt sich mangels Sitzbanklänge der knubbelige Kunststoff-Gepäckträger schmerzhaft in den Allerwertesten. Deutlich angenehmer sitzt der Mitfahrer auf der KTM - dank soziusfreundlicher Gepäckträgerform. Außerdem ist das KTM-Kissen im Gegensatz zum Husky-Pendant angenehm straff gepolstert und zwei Stockwerke höher angebracht. Bei Trial-Einlagen im Gelände erschwert die enorme Sitzhöhe unterstützende Beinarbeit - Husqvarna-Treiber haben damit dank der schmalen und niedriger installierten Sitzbank keine Probleme.
Dafür spielt die LC 4 im Gelände bereits knapp über Schrittgeschwindigkeit ihre Fahrwerksvorteile gegenüber der TE 610 E gnadenlos aus: Querrillen, Sprünge, Wackersteine - egal, sie zieht unbeirrt und zielgenau ihre Bahn, läßt die Husqvarna Meter um Meter und gnadenlos zurück. Die mächtige, in Zug- und Druckstufe verstellbare 50er-Telegabel und das ebenfalls in Zug- und Druckstufe sowie in der Federbasis verstellbare Federbein bieten reichlich Reserven. Reserven, die der Husqvarna abgehen. Einzig die Federbasis am hinteren Federbein kann verstellt werden - etwas dürftig für eine Enduro dieser Preisklasse.
Zu den überzeugenden Ausstattungsmerkmalen der Test-Husky gehören hingegen die klappbaren Spiegel, die Handschalen, der Sitzbank-Schnellverschluß und der praktische Drehzahlmesser - alles Extras, auf die KTM verzichtet. Vor allem der fehlende Drehzahlmesser führt bei höheren Geschwindigkeiten zu vergeblichen Schaltversuchen - im fünften Gang ist bei der KTM eben Schluß. Auf Landstraßen übrigens gefällt die Gangabstufung, im Gelände hingegen dürften die ersten drei Gänge näher zusammenrücken.
Die Husqvarna hat es da leichter: Sechs weich einrastende Gänge stellt das Getriebe zur Verfügung, wodurch auf der Straße und im Gelände immer ein passender Vertreter an die Kette gehängt werden kann. Der kümmert sich dann solange um den Vortrieb, bis der Spritvorrat zur Neige geht. Und das sind laut Herstellerangabe exakt 9,1 Liter.
Das KTM-Fäßchen bringt es auf 12 Liter. Dafür genehmigt sich das LC 4-Triebwerk während der über 1000 Testkilometer fast einen Liter mehr auf 100 Kilometer als die Husqvarna. Um diese Unart sollten sich die Österreicher in Zukunft verstärkt bemühen, ebenso um das Eindämmen der ungezügelten Motor-Vibrationen. Diese sind der Husqvarna völlig fremd. Der Motor schnurrt geradezu vor sich hin. Schade nur, daß der handlichen Italienerin höherwertige Fahrwerkskomponenten fehlen.

Husqvarna


TE 610 E

2. Platz
Vom Ruf der harten, wettbewerbstauglichen Sportenduro bleibt beim E-Starter-Modell nicht mehr viel übrig. Zu lasche Federelemente und der gezähmte Motor werfen die Husqvarna auf den zweiten Platz zurück. Nichtsdestotrotz werden Einsteiger viel Freude mit der sehr handlichen TE 610 E und ihrem sanft einsetzenden, vibrationsarmen Motor haben. Ob das allein den Kaufpreis von über 13000 Mark rechtfertigt, bleibt fraglich.

KTM


640 LC 4 Enduro

1. Platz
Trotz E-Starter bleibt die 640 LC 4 der KTM-Linie treu: sportlich hart, bärenstark und leider auch etwas störrisch. Wer aber seine LC 4 kräftig an die Hand nimmt, den belohnt sie mit Zielgenauigkeit und Stabilität bis ins derbste Gelände. Spontan auf jeden Gasstoß reagierend, zieht sie dank hochwertiger Federelemente unbeirrt ihre Bahn. Einzige Wermutstropfen sind der hohe Verbrauch und die ungezügelten Vibrationen des rauhen Motors.







Enduro-Vergleichstest


Herzblatt

Wie ist das wohl, wenn vier Zweirad-Singles um die Gunst eines neuen Partners buhlen? Honda Vigor, Yamaha TT600R, Suzuki DR650SE, und KTM 640 LC4 offenbahren vor einem Millionenpublikum ihre Stärken und Schwächen.

Von Rolf Henniges; Fotos: Frank Herzog

Wie gut, dass es die Herzblatt-Show gibt. Jener Fernseh-Dauerbrenner, in der Singles um ihre Traumpartner buhlen. Traumpartner, wie Sie einer sein könnten. Wir haben vier attraktive Singles von Honda, KTM, Suzuki und Yamaha daran teilnehmen lassen. Um zwei Fragen zu klären: Wieviel Enduro braucht der Mensch und wie wirken sich 4500 Mark Preisunterschied aus. Vielleicht ist auch etwas für Sie dabei. Hier kommt Kandidat eins:
Honda Vigor. Mit Kai Pflaume-Bonus. Mal ehrlich: Welche Groß- oder Schwiegermutter ist schon böse, wenn man mit diesem niedlichen kleinen Vigor vorfährt? Für Geldbeutel-freundliche 8990 Mark und mit Abmessungen, die man eher an einem Stationär-Bike auf dem Kinder-Karussell vermutet als im Schaufenster des Honda Händlers.
Kandidat Nummer zwei betört durch Diskretion. Suzukis DR 650 SE ist so unauffällig, dass sie schon wieder auffällt. Steht einfach da und wartet drauf, dass man sich ihr auflädt. Ein zweirädriger Golf ohne Extras mit dem verträumten Charme eines Meerschweinchens für vergleichsweise günstige10290 Mark.
Kandidat Nummer drei begrüßt einen für knapp 1000 Mark mehr. Yamahas TT 600 R ist eine Kriegserklärung an alle Softies. Kickstarter, Rallye-Cross-Bereifung, Rudimentär-Elektrik, Traktor-Design. Mit dem Umfall-Bonus: Egal wie sie fällt, es kann fast nichts kaputtgehen.
Kandidat Nummer vier kommt direkt aus dem Fitness-Studio. KTMs 640 LC4 ist der charismatische Geheimagent. Groß, stark, schwarz, sportlich. So viel James Bond ist nicht billig. Für 13370 Mark erhält man einen apparten Kraftprotz mit wunderbarer Aussicht. Denn die Sitzhöhe ist nichts für Kleinwüchsige. Okay. So viel dazu. Frage eins: Wie wirken sich die Preisunterschiede im Asphalt-Dschungel aus?
Sitzprobe: Während die japanischen Bikes allesamt die Fahrer integrieren, vermittelt die österreichische KTM das Gefühl, auf statt in ihr zu sitzen. Das ist besonders nervig während des Berufsverkehrs im Stadtverkehr. Im Stopp-and-go-Rhythmus mogelt sie sich kapriziös wie auf Stelzen durch die Blechlawine. Ihre harte, abgerundete, schmale Sitzbank hinterlässt den Eindruck, auf einer überdimensionalen, geschälten Banane zu rutschen. Gottlob ist die Kupplung leicht dosierbar, denn niedrige Drehzahlen mag der Motor überhaupt nicht. Hohe dafür umso mehr. Egal welche Situation, den Dreh am Gasgriff setzt die KTM in furchterregenden Vortrieb um. In den ersten beiden Gängen sind Wheelis ohne Kupplungs-Schnapper möglich, wenn nicht gar unvermeidlich. Zeigt das Vorderrad erst mal in Richtung siebter Stock, dann braucht es einfach nur noch milimeterweises Zucken der Gashand, um den Tanz auf dem Hinterrad ins Unendliche auszudehnen. Neben diesem Motor wirkt jeder der anderen Kandidaten wie Mr. Bean neben Arnold Schwarzenegger. Auch Dosierung sowie Wirkung der Scheibenbremsen lassen kaum Wünsche offen. Die Federung ist ebenfalls über alle Zweifel erhaben, spricht sensibel an, zwingt die Räder satt zu Boden, kompensiert jegliche Unebenheiten, ohne zu springen. Mit kleinen Handgriffen lassen sich sowohl Gabel als auch Federbein auf alle Eventualitäten einstellen. Kurven kratzen im wörtlichen Sinne entfällt. Denn wenn dieses hochbeinige Ungetüm aufsetzen sollte, dann bedeutet das: Sturz. Die LC4 ist verliebt in weite Kurven und steht engen Kehren eher widerspenstig gegenüber, verlangt hineingedrückt zu werden. Und falls Vibrationen Impotenz fördern, sollten potenzielle Familienväter sie lieber meiden. Die Ausgleichswelle verliert den Kampf in jeder Runde.
Vibrationen sind der Yamaha TT 600 R zwar auch nicht ganz fremd, jedoch fallen sie hier dezenter aus, und resultieren aus der verzweifelten Kraftanstrengung heraus, mit der der Motor versucht, die angegebene Leistung zu mobilisieren. Agil wie eine Schildkröte dreht der betagte Vierventiler hoch, entwickelt jedoch im Drehzahlkeller Traktor- und Trial-Charakter. Das hat natürlich Vorteile. Egal ob Stau oder der relaxte Trip zum Badesee; Kandidat drei ist ein gutmütiger, verlässlicher Partner. Wenn sie läuft. Doch das Ankick-Szenario ist unspektakulärer als befürchtet. Dreimal locker runtertreten, dann einmal kräftig mit Schwung – niemals dabei Gas geben –, schon blubbert es aus dem dicken Schalldämpfer. Für Adrenalin-Zirkulation hingegen sorgen die serienmäßig montierten Pirelli Rallye-Cross. Hoppeln beim Ausrollen vor roten Ampelen, sind unfreiwillig ideale Driftkumpane auf feuchtem oder trockenem Asphalt. Dazu gesellt sich ein weiteres Manko. Nach dem Motto: „Wer bremst, verliert“, ist die TT immer der Gewinner. Die montierten Beläge scheinen eine Aversion gegen die Scheibe zu hegen. Vor allem hinten ist die Bremswirkung sehr bescheiden. Vorausschauendes Fahren ist angesagt. Bei Dunkelheit leider nur schwer möglich. Der kleine Scheinwerfer – er sieht aus wie die plattgeschlagene Nase eines Boxers – leuchtet nur bei laufendem Motor und ist mehr glamourös statt gleißend. Das Fahrwerk hingegen besticht durch einen gesunden Mix aus Handlichkeit und Geradeauslauf. Trotz der Rubbelreifen lässt sich die TT zielgenau und präzise durch Kurven zirkeln, die Sitzposition saugt den Fahrer an, er wird Teil der Maschine. Bodenwellen, Huppelstraße – das Öhlins-Federbein ist über alle Angriffe von unten erhaben. Die 45er-Paioli-Gabel leider nicht. Unsensibel halten beide Fäuste das Rad auf dem Boden, daran ändert auch die leicht erreichbare Dämpfungs-Einstellung an der Gabelbrücke nichts.
Und Kandidat Nummer zwei? Suzukis Mannen haben sich bei der DR auf den enduralen Grundgedanken besonnen: nicht wenig gut, sondern alles können. Schon bei der Sitzprobe gibt sich die 650er keine Blöße. Alles passt, ist an der richtigen Stelle. Zumindest für Fahrer zwischen 160 bis 180 Zentimeter. E-Starter, Drehzahlmesser, Edelstahlauspuff, Scheibenbremse vorn und hinten. Zwei Ausgleichswellen sorgen für seidenweichen Motorlauf, je 260 Milimeter Federweg sollen alles ausbügeln. Das Ganze unspektakulärer verpackt als eine Rigipsplatte. Genauso unspektakulär fährt sich die DR auch. Der Motor schnurrt wie eine Nähmaschine, ist sanft, drehfreudig und durchaus Wheelie-freundlich. Mit harmonischer Leistungscharakteristik und einem fünften Gang als Overdrive. Die Suzuki nimmt sämtlichen Stress vom Fahrer, wirkt fast in jeder Situation beruhigend wie eine liebevolle Großmutter. Auch Kurvensurfen wird zum Kinderspiel. Die Suzuki folgt der gedachten Linie exakt, lässt sich spielerisch hindurchzirkeln und bremst vorzüglich. Als Fluchtfahrzeug aus dem Alltag ideal, als Fluchtfahrzeug nach einem Bankraub jedoch denkbar ungeeignet. Bei extremen Tempi zeigt die lasche Federung der DR ihre Grenze. Vor allem im Zwei-Personen-Betrieb – der Beifahrer sitzt in Kauerhaltung - ist das Fahrwerk schwammig, beim Bremsen taucht die Fuhre ein wie in Treibsand.
Ein Terrain, dass für Hondas Vigor überhaupt nicht mag. Kandidat eins ist ein Stadtkind. Und dennoch ein Schrecken der Landstraße. 45 gemessene PS und ein Drehmoment das zum Teer umpflügen geeignet scheint. Ist der Dumping-Kanditat gedopt? Schacht auf, und der Motor katapultiert den Kleinen vehement in Richtung Horizont und nimmt es - werden die Kurven enger, der Belag schlechter - gern auch mit PS-Protzern aus der Straßenfraktion auf. Die Sitzposition ist für einen eingefleischten Enduristen gewöhnungsbedürftig: schmaler Lenker, puffige Sitzhöhe. Dazu ein geländeunfreundliches 19-Zoll-Vorderrad, die Lampenmaske wie ein Eierbecher. Doch standfeste Bremsen und ein handliches Fahrwerk entschädigen für den optischen Skandal. Der Vigor ist zielgenau, das Einlenkverhalten in Kurven ein wenig kippelig, die Federung straff und weit vom Schwebezustand der Gegenkandidaten entfernt. Das Federbein ist im Sozius-Betrieb rasch an der Belastungsgrenze angelangt. Übrigens: Keine Sitzbank unserer Kandidaten ist langfristig für Beifahrer geeignet, für weltreisende Ritte ist ein Kissen durchaus empfehlenswert. Soviel zum Einsatz auf der Straße.
Frage zwei: Ihr Opa ist ein Einsiedler. Der Weg zu ihm ist verdammt schlecht. Grasbewachsener Feldweg, dann Schotter, zum Schluss große Felsen. Wie schlagen sich die Kandidaten in diesem Terrain?
Hochgewachsenes Gras ist der Alptraum der Zweiradfraktion. Kaschiert einfach alles. Dicke Steine, tiefe Rillen, Pfützen. Hier prescht die Yamaha vor. Die Pirellis verbeißen sich in den Untergrund, die langen Federwege lächeln über so manches Loch im Boden. Auch die integrative Sitzposition vermittelt trotz gleicher Höhe mit der KTM Sicherheit. Sicherheit ist das Stichwort der DR. Niedrig, ungemein wendig und handlich, nimmt sie die Angst vor dem grünen Ungewissen. Jeder Anfänger fühlt sich auf Anhieb auf der DR-Sitzbank zu Hause, hat das Gefühl, morgen auch am Ortsschild von Kapstadt stehen zu können. Der Motor ist nicht zu giftig, der Schwerpunkt angenehm niedrig, das Heck bricht nicht ungewollt aus. Ganz im Gegensatz zur KTM. Der aggressive Motor verleitet zu Fahrfehlern, schnell ist man über das Ziel hinaus. Beginnt die österreichische Kampfmaschine erst mal zu straucheln, wünscht man sich die Beine einer Diva oder eines Basketball-Stars. Und der Vigor? Grande katastrophe. Naklar, es geht. Geht aber auch mit einer Yamaha Fazer oder Suzuki GSX-R. Nein, das mickrige 19-Zoll Rad kugelt in jedes Loch, die Reifen greifen nicht, der Lenker verlangt höheren Krafteinsatz.
Die Schotterstrecke ist erreicht. Klare Sicht und schwungvolle Kurven. Vorweg: Schotterkönig wäre eigentlich die KTM. Leider nur theoretisch. Denn die Yamaha spielt ihren Reifentrumpf aus und ist wieder vorn. Die 50 brutalen PS der KTM wirken als Schotterschleuder, die Metzeler-Sahara-Reifen setzt die geballte Kraft nicht in genügend Vortrieb um. Das KTM-Heck tänzelt wie ein Fisch im Wasser, hinterlässt eine Schneise der Verwüstung. Da nützt auch das ultrastabile Fahrwerk plus super Geradeauslauf nicht viel. Wieder gut dabei: die DR. Homogene Kraftentfaltung ermöglicht gezielte Drifts, jeder kommt mit der Maschine wunderbar zurecht. Und Vigor? Pendelt wie eine Hollywood-Schaukel, das Rad folgt dem Ruf der Löcher und Bodenwellen. Endlich die Felsen. Und für den Vigor Endstation. Trialunwillig – schmaler Lenker, mickerige Bodenfreiheit, 19er Rad, wie gehabt. Der KTM-Trialer erreicht sein Ziel mit blauen Flecken. Nein, Langsamkeit ist nicht die Tugend der LC4. Der Motor stirbt oft schlagartig ab, die Fuhre schlägt auf die Felsen. Auch die TT hat Probleme. Schwergängige Kupplung, hohe Sitzposition, denkbar ungeeignete Reifen fürs Felsklettern. Unser Opa sieht als erstes die Suzuki, den enduralen Alleskönner. Und wen sehen sie als ihren Traumpartner? Susi fasst das Ganze für uns noch mal zusammen.
Vigor, den idealen Lebensgefährten für kleinwüchsige, Sparer und Puristen mit Hang zum Superbike-Schreck, oder die TT mit dem Mythos der Unzerstörbarkeit, den prädestinierten Lebensabschnittsgefährten aller Globetrotter, Bauern oder Holzfäller? Oder vielleicht der unscheinbare, verlässliche Alleskönner DR, ohne die branchenübliche Idealmaße mit Golf-Bonus oder oder die KTM, die elegante Rüttelplatte im Schwertfisch-Design, die an Ampeln und Eisdielen gleichermaßen flaniert wie auf Schotterpisten? Aber so ist das mit Entscheidungen: Das Auge isst mit. Verlieben müssen Sie sich selbst.



Fazit Honda Vigor


Platz 3

Vigor kommt aus dem spanischen und
bedeutet soviel wie Kraft, Ausdauer, Souveränität. Die hat der Kleine in der Tat. Kann sie aber leider nur im Straßenbetieb umsetzen. Gemessen am Preis-Leistungsverhältnis ist die Honda ein wunderbares Angebot für Stadtflitzer und Landstraßenräuber. Gäbe es keine Geländewertung, wäre sie garantiert die Überraschung dieses Vergleichstestes.

Fazit KTM


Platz 1

Sie kann ihre Herkunft nicht verleugnen. Die KTM ist fit for fun. Der bärenstarke Motor giert nach Beschleunigungsorgien, das spurstabile Fahrwerk ist auf Topspeed ausgelegt. Dennoch ist sie nicht für alles geeignet. Vibrationen und der extrem bissige Motor vermiesen einem die Lust auf pures Wandern oder Dahingleiten. Die LC4E ist aggressiv und überträgt dies auch auf den Fahrer.

Fazit Suzuki


Platz 2

Na also. Die legendäre XT 500 hat einen Nachfolger gefunden. Die Suzuki kann nichts besser als unscheinbar sein, aber auch nichts wirklich richtig schlecht. Kombiniert man diese Eigenschaft mit dem Preis, ist die DR der heimliche Testsieger. Vor allem, weil wirklich jeder sich sofort auf diesem Packesel wohl fühlt. Vom Profi bis zum Anfänger.

Fazit Yamaha


Platz 4

Junger Körper, altes Herz. Das kann auf Dauer nicht gut gehen. Der betagte Vierventiler ist zwar erprobt – genauer gesagt 17 Jahre erprobt - aber leider zu träge. Zusammen mit den Bremsen, die weit hinter dem Standard der Konkurrenz liegen, hat es für die Yamaha-Köche nicht gereicht einige gute Zutaten zu einem rundherum schmackhaften Eintopf zusammen zu rühren.









Zwei Enduros für alle Fälle – KTM 640 LC4 E und Yamaha TT 600 R

Von Jörn Thomas; Fotos: Rocky

KTM LC4 und Yamaha TT 600: Von jeher Synonyme stollenbereifter Sportlichkeit. Yamaha gebührt zudem der Verdienst, mit der XT 500 Endurofahren für jedermann salonfähig gemacht zu haben, während KTM seinen LC4-Hämmern ein unbeugsames Hardcore-Image schuf – diesseits und jenseits des Trassierbandes. Doch die Österreicher haben auch ein Herz für nicht ganz so harte Buben und Mädels und stellen den wettkampforientierten Sportmodellen mit der 640 LC4 E einen Allrounder zur Seite.
Yamaha leistet sich bei der TT 600 R einen kleinen Etikettenschwindel, die hochbeinige Sportlerin, vermeintlich japanischer Abstammung, wird beim italienischen Importeur Belgarda zusammengeschraubt. Federelemente von Paioli/Italien und Öhlins/Schweden sowie allerlei Anbauteile aus Europa weisen die TT endgültig als Exil-Japanerin aus. Lediglich der luftgekühlte XT/TT-Vierventiler, mittlerweile seit 17 Jahren im Geschäft, stammt aus Fernost.
KTM bietet konsequente Euro-Kost: Motor und Rahmen made in Austria, Federelemente von White Power aus Holland. Nur Vergaser und Zündung der Allrounderin stammen aus dem Land der aufgehenden Sonne. Gelten die KTM-Modelle mit Dellorto-Schiebervergaser als kapriziöse, hyperspontane Anreißer für harte Kerle, ist die Mikuni-versorgte 640 LC4 E zum wohlerzogenen Begleiter für alle Tage domestiziert. Nix mehr mit Absterbe-Pftsch, ruppiger Gasannahme und so. Okay, eine gehörige Portion alpenländischer Wildheit ist gemeinsam mit dem Dellorto über den Jordan gegangen, wird allerdings im Reservat der ungezähmten Supercompetition-Modelle weitergepflegt.
Doch gemach, bei aller Alltagstauglichkeit begeistert der wassergekühlte 625-cm3-Vierventiler noch immer mit seinem herzhaft zupackenden Charakter, der trotz Ausgleichswelle von deutlich spürbaren Vibrationen untermauert wird. Bei konstant schneller Fahrt überschreiten diese, anders als bei der TT, die Grenze zur Nervigkeit. Lässig hingegen gerät die Startprozedur, vorbei ist’s mit „Kick ten minutes“ - Knopfdruck genügt.
Mittlerweile gilt der E-Starter selbst bei KTM nicht mehr als Kainsmal, sondern als clevere Arbeitserleichterung - sogar Enduro-Weltmeister dürfen ihre Sportgeräte per Knopfdruck anlassen. Nicht nur im Gelände bisweilen gut für die entscheidenden Sekunden, denn wer einmal an der Ampel keck vorgefahren ist, um dann hektisch per Kickstarter den halbwarm abgestorbenen Single zu reanimieren, weiß die Elektrifizierung zu schätzen. Aber was KTM-Star Mario Rinaldi recht ist, darf TT-Fahrern auf dem morgendlichen Weg zur Arbeit noch lange nicht billig sein. Halb so schlimm, Choke am Vergaser ziehen, zwei-, dreimal kicken, schon bollert’s satt aus dem Aluminium-Schalldämpfer.
Auf der Waage ist die TT im Vorteil: 155 Kilogramm Yamaha stehen 160 Kilogramm KTM gegenüber. Letztere kann sich allerdings mit dem etwas größeren Tank, E-Starter samt Batterie und einem ungeregelten Kat rechtfertigen.
Und mit spürbarer Mehrleistung. Während der TT-Motor so lustlos zur Sache geht wie Sushi nach einer Seereise von Iwata nach Genua, reißt der Alpen-Express an wie Arnie nach einer Überdosis Red-Bull.
Fahrwerksseitig stehen sich die beiden Enduros dagegen deutlich näher. Egal ob Landstraße oder City-Ring, sie flitzen hyperagil über den Asphalt, endurountypisch relativ lang übersetzt, gerät selbst die Schnellstraße nicht zum Waterloo, allerdings kündet deutliches Pendeln jenseits der 120er-Marke davon, das die beiden lieber langsamer auf kurvigen Strecken herumtollen. Sowohl LC4 als auch TT lassen sich mit voll einstellbaren Federelementen so weit auf straff trimmen, dass selbst bei flotter Fahrt und forschem Griff zum Bremshebel keine Seekrankheit zu befürchten ist. Lediglich die stolligen Pirelli-Pneus der Yamaha wirken auf Asphalt als Dynamikbremse, die KTM lässt sich mit ihren serienmäßigen Metzeler Enduro 3 deutlich zackiger und schräger abwinkeln.
Besser profilieren kann sich die TT dafür in trialartigen Geländepassagen. Sanfte, leicht beherrschbare Kraftentfaltung, schlanker Körperbau sowie die traktionsfördernde Serienbereifung machen die Yamaha zum Klettermaxe. Dank ausreichender Schwungmasse kraxelt die TT gern auch im Schritt-Tempo durchs Unterholz.
Der KTM kann es gar nicht schnell genug gehen – sie will ihre überlegene Motorleistung und das stabile Fahrwerk ausspielen. Je härter es auf der Piste zugeht, umso stärker kann sich die LC4 absetzen. Ihr fast unerschütterlicher Geradeauslauf im Gelände und die noch feiner ansprechenden Federelemente helfen, der nervöseren TT das Designer-Rücklicht zu zeigen.
Und so liegt die KTM letzlich dank ihres moderneren, ständig weiterentwickelten Konzepts vorn. Vor allem der agile Motor macht Spaß, aber auch in puncto Fahrwerk und Verarbeitung ist sie erste Wahl. Yamahas TT hätte einen standesgemäßeren Antrieb verdient, der XT-Single macht nur Dienst nach Vorschrift. TT- Outfit und die gepflegten Umgangsformen begeistern, stärkstes Argument ist jedoch der Preisvorteil von über 2000 Mark.

Yamaha TT 600 R

Motor: Luftgekühlter Einzylinder- Viertaktmotor, eine obenliegende Nockenwelle, vier Ventile, Registervergaser, Hubraum 595 ccm, Nennleistung 31,5 kW (43 PS) bei 6 500/min, Max. Drehmoment 50 Nm (5,1 kpm) bei 5 000/min, Fünfganggetriebe.
Fahrwerk: Einschleifenrahmen aus Stahlrohr, Reifen 90/90 x 21; 130/80 x 18. Radstand 1485 mm, Lenkkopfwinkel 63 Grad, Nachlauf 114 mm, Federweg v/h 280/280 mm.
Maße und Gewichte: Sitzhöhe* 940 mm, Gewicht vollgetankt* 155 kg, Zuladung* 179 kg, Tankinhalt/Reserve 10/2,1 Liter.
Preis inkl. Mwst. und Nebenkosten 11 195 Mark


Plus:
Leichtfüßiges Handling
Sanfte Kraftentfaltung
Schlanke Linie
Günstiger Preis

Minus:
Geringe Motorleistung
Unsensible Gabel
Kein E-Starter
Separates, fummeliges Lenkradschloss
Keine Abgasreinigung

KTM LC 4 640 Enduro

Motor: Wassergekühlter Einzylinder- Viertaktmotor, eine obenliegende Nockenwelle, vier Ventile, Gleichdruckvergaser, Hubraum 625 ccm, Nennleistung 36 kW (49 PS) bei 7 500/min, Max. Drehmoment 52 Nm (5,3 kpm) bei 5 500/min, Fünfganggetriebe.
Fahrwerk: Einschleifenrahmen aus Stahlrohr, Reifen 90/90 x 21; 130/80 x 18. Radstand 1510 mm, Lenkkopfwinkel 62,5 Grad, Nachlauf 124 mm, Federweg v/h 270/300 mm.
Maße und Gewichte: Sitzhöhe* 950 mm, Gewicht vollgetankt* 160 kg, Zuladung* 190 kg, Tankinhalt/Reserve 12/2,5 Liter.
Preis inkl. Mwst. und Nebenkosten 13 319 Mark


Plus:
Stabiles Fahrwerk
Agiler Motor
E-Starter
Sehr wirksame Bremsen
Katalysator
Professionelle Detaillösungen


Minus:
Bissige Leistungsentfaltung
Deutliche Vibrationen
Gewaltige Sitzhöhe
Hoher Preis




Beschleunigungsvergleich

Strip Poker
Wer an der Ampel oder auf dem Drag Strip etwas reißen will, braucht gute Karten. Noch viel wichtiger aber: gute Nerven. Sonst nützt das beste Blatt nichts.

Gelb sehen und die Kupplung rauslassen ist praktisch eins. Nicht sanft, sachte, wohldosiert. Nein, einfach schnalzen lassen. Denn das gewaltige Drehmoment von 315 Newtonmetern reicht völlig aus. Und bis es über den monumentalen Primärantrieb und das spezielle Dragstergetriebe ans Hinterrad gelangt, der zehn Zoll breite und mit nur 0,4 bar Luft befüllte Reifen im eigens aufgetragenen Kleber hinter mächtigen Rauschschwaden Grip entwickelt und den G & R Dragster vorwärtskatapultiert, vergehen nur jene Bruchteile von Sekunden, in denen die Ampel von Gelb auf Grün springt. Es kommt aufs exakte Timing an beim Sprint auf der Quartermile. Hier, wo minimale Zeiteinheiten ausschlaggebend sind für Sieg oder Niederlage, ist Erfahrung gefragt. Und Coolness. „Eigentlich entscheidet sich alles auf den ersten 60 Fuß“, erklärt Günther Sohn das Erfolgsrezept der Dragsterpiloten. Er muss es wissen, schließlich wurde er in der vergangenen Saison Zweiter in der TopGas Euroserie (siehe Seite ...). Und ist damit genau der Richtige, um zusammen mit MOTORRAD auf dem Hockenheimer Dragstrip ganz unterschiedliche Motorräder von der Suzuki GSX-R 1000 über die Kawasaki ZX-12R, die Harley-Davidson V-Rod, Yamahas Vmax und die KTM LC4 640 Supermoto maximal zu beschleunigen. Unmittelbarer Anlass der Sprint-Versammlung: die neue Harley V-Rod. Ein Motorrad mit Cruiseroutfit und Sportlerherz. Gebaut zum Beschleunigen. Ein ewig langer Radstand von rund 1,70 Metern, tiefer Schwerpunkt, fetter Hinterreifen. Ähnlichkeiten zu Sohns Dragster sind nicht zu übersehen. Aber dann: gemessene 116 PS, rund 365 Kilogramm Lebendgewicht mit einem 80-Kilogramm-Fahrer. Hinsichtlich des Leistungsgewichts sehen andere besser aus. Eine Suzuki GSX-R 1000 zum Beispiel, mit echten 153 PS und 280 Kilo samt Fahrer. Das kommt der Sache doch schon näher. Oder das stärkste Serienmotorrad, die ZX-12R. 175 PS drückt sie auf die Prüfstandsrolle, wiegt allerdings auch deutlich mehr, während die bullige Vmax ähnlich ausgelegt ist wie die V-Rod und die quirlige KTM zwar nur 49 PS freisetzt, dafür aber mit 230 Kilogramm inklusive Fahrer das Leichtgewicht im Feld ist. So viel zu den Eckdaten. Doch welche Faktoren spielen beim Run auf das letzte Zehntel denn nun die entscheidende Rolle? In der Theorie hat der Physiker Sir Isaac Newton bereits im 17. Jahrhundert mit der Formel F = m * a das Grundgesetz der Mechanik erkannt, nach dem die Beschleunigung eines Körpers von seiner Masse und der auf ihn einwirkenden Kraft abhängt. Folglich diktiert bei den Motorrädern das Fahrzeuggewicht und die Zugkraft am Hinterrad das Sprintvermögen. Die Zugkraft wiederum errechnet sich aus dem Drehmoment des Motors, der Übersetzung in den einzelnen Gängen und dem Halbmesser des Hinterreifens. Doch das ist erst die halbe Miete. Im täglichen Spurt von Ampel zu Ampel schützt keine Wheeliebar vor Rückwärtssalti. Da mahnen steigende Vorderräder den erdverbundenen Piloten nicht nur beim Start, sondern auch beim Gangwechsel zur Besonnenheit. Die dynamische Radlastverlagerung, die dann das Beschleunigungsvermögen begrenzt, hängt von der Schwerpunkthöhe und dem Radstand ab. Letztlich spielen noch Kupplungsdosierung, Gasannahme und Schwungmasse des Motors eine Rolle. Aufgrund dieser Faktoren gelingt es Normalfahrern nicht, jene Werte zu reproduzieren, die Profis auf den Asphalt zaubern. Selbst Günther Sohn, der unter Wettkampfbedingungen mit seinem infernalisch lauten G & R-Geschoss die 100 km/h nach 1,0 bis 1,2 Sekunden erreicht, kämpft bei ZX-12R und Co. mit den Tücken der Großserientechnik, obwohl diese in der gleichen Zeit gerade mal rund 40 km/h schnell sind. Beispiel Suzuki GSX-R 1000: Die Kombination aus viel Leistung und wenig Gewicht wird beim heißen Ritt auf dem Dragstrip zur Gratwanderung. „Die Kupplung kommt sehr ruppig, das Vorderrad steigt ständig.“ Superzeiten sind so auf Anhieb nicht zu machen. Und auch Karsten Schwers, bei MOTORRAD für die Beschleunigungsmessungen verantwortlich, hat mit der GSX-R jedes mal aufs Neue seine liebe Mühe. „Wegen der relativ kleinen Schwungmasse ist die Dosierung der Kupplung immer ein Problem. Sie rupft gerne – oder rutscht durch. Dazu kommt, dass du das Vorderrad einfach nicht am Boden halten kannst. Im ersten Gang nicht, und beim Wechsel in den zweiten steigt die GSX-R noch mal. Wer das nicht kennt, kriegt Angst und dreht das Gas zu.“ Dass Karsten die leichte 1000er trotzdem in 2,8 Sekunden auf 100 km/h beschleunigt, ist aller Ehren wert. Mit 9,9 m/s2 liegt er im Bereich des mit normalen Motorrädern physikalisch Machbaren. Das beweist auch Kawasakis Powerbike ZX-12R, das exakt die gleiche Zeit hinlegt. „Und die“, so Karsten, „ist wesentlich einfacher zu beschleunigen. Mehr Gewicht auf dem Vorderrad und vor allem mehr Schwungmasse!“ Die verlangt weniger Anfahrdrehzahl, erleichtert die Kupplungdosierung, während aufgrund der günstigeren Gewichtsverteilung das Vorderrad „zwar steigt, aber bei weitem nicht so wie bei der GSX-R“. Einmal den Start geschafft, gilt es nur noch, den optimalen Schaltzeitpunkt nicht grob zu verpassen. Eine Einschätzung, die Dragster-Pilot Sohn uneingeschränkt teilt. Der Grund für das rasch steigende Vorderrad der beiden: Ab etwa 60 km/h, darunter wird sowieso nicht eingekuppelt, bis über 120 km/h schieben im ersten Gang über 3400 Newton Zugkraft – mehr als die Gewichtskraft, und nur die kann der Hinterreifen übertragen. Ein schmaler Grat also. Wie auch bei der KTM. Einmal richtig in Fahrt, ist bereits bei 40 km/h die maximale Zugkraft von 3080 Newton erreicht, ebenfalls weit mehr, als das Hinterrad auf den Asphalt übertragen kann. Kurz danach aber schrumpft die Zugkraft dramatisch. Trotzdem gilt es, den kurz übersetzten ersten Gang bis ans Drehzahllimit auszudrehen, um im Zweiten beim Maximum von 1900 Newton Anschluss zu finden. Gegen ein weiteres Problem hingegen kämpfen selbst die Profis vergeblich: das vehemente Steigen des Vorderrads, das nur mit sorgsamer Dosierung am Gasgriff zu beherrschen ist und eine bessere Zeit von null auf 100 km/h vereitelt. 4,7 Sekunden – mehr ist nicht drin. Es klingt paradox, aber mit einem deutlich länger übersetzten ersten Gang und engeren Stufen ginge wesentlich mehr. Genau der richtige Moment also, um V-Rod und Vmax zu schieben: stark, lang, schwer. Zu schwer. Die alte Dragster-Weisheit, dass jedes Kilo Zeit kostet, kommt hier signifikant zum Tragen. In absoluten Zahlen: 3,6 Sekunden für die V-Rod, 3,3 Sekunden für die Vmax. An die Topzeiten von GSX-R 1000 und ZX-12R reichen sie also nicht heran. Die 1200er, der V2 der Harley und der V4 der Vmax, besitzen aufgrund der kurz übersetzten ersten Gänge und des bulligen Drehmoments im ersten Moment zwar enorme Zugkraft am Hinterrad. Doch beim Schalten bei 96 (Harley) respektive 80 km/h fallen beide im gegensatz zur erheblich leichteren Kawasaki und Suzuki schlagartig in ein tiefes Loch. Eine spezielle Qualität haben beide trotzdem: Mit keiner anderen Motorradgattung ist es so einfach, auf Anhieb gute Zeiten zu fahren und diese auch zu reproduzieren. Aufsteigen, Gas geben, wohlfühlen. Statt mit dem Vorderrad gen Himmel zu streben, scharren beide wegen ihres günstigen Verhältnisses von langem Radstand und tiefem Schwerpunkt zunächst mit den Hufen. Und Schlupf am Hinterrad sieht nicht nur gut aus, sondern ist des Dragsterfahrers täglich Brot, weil das weit vorn plazierte Vorderrad in der flach angestellten Gabel die Fuhre zuverlässig geradeaus laufen lässt. Jonglieren mit der Kupplung ist kaum erforderlich. Dass die V-Rod den alten Kämpfer Vmax weder im Sprint bis 100 km/h noch darüber hinaus schlagen kann, lässt Harley-Mann Sohn aber keine Ruhe. Eine von ihm mit Big-Bore-Kit aufgepeppelte Dyna Super Glide Sport soll es richten. 132 PS verspricht Sohn, und zwar am Hinterrad. Und satte 183 Newtonmeter schon bei 4250/min. Mit Gebrüll stürzt sich die Dyna auf die Waldgerade – und zeigt, welch diffizile Gratwanderung diese Beschleunigungsexzesse sind, weil sich die Kupplung diesem Drehmomentansturm nicht gewachsen zeigt und durchrutscht. 3,5 Sekunden bis 100 km/h – mehr ist unter diesen Bedingungen nicht drin. Potenzial beweist die Dyna aber bis zur 180er-Marke. Sie distanziert die V-Rod (10,6 Sekunden) mit 9,5 Sekunden und verliert auf die Vmax trotz der Kupplungsprobleme nur 0,2 Sekunden. Welchen Einfluss jenseits der 100 km/h Leistung und Aerodynamik haben, zeigen die Werte von GSX-R sowie ZX-12R und noch deutlicher die Zeiten, die zum Beispiel Max Biaggi mit seiner 500er-Yamaha erreicht. 6,1 beziehungsweise 6,2 Sekunden vergehen, bis die zivilen Sportler 180 km/h erreicht haben, während der Italiener in 5,9 Sekunden auf 200 km/h beschleunigt. Der aber – man höre und staune – startet im zweiten Gang, weil auch er das steigende Vorderrad im ersten nur schwer kontrollieren könnte. Und braucht so satte 3 bis 3,2 Sekunden von Null auf Hundert. Selbst wenn er im Spiel mit der Kupplung ganz hoch pokert.

Der Vollgas-Bazillus


Immer größer, immer stärker, immer schneller: Bereits seit seinem ersten Rennen 1994 bei den All American Days auf dem Nürburgring ist Günther Sohn, Jahrgang 1956, vom Dragrace-Bazillus infiziert. Damals startete der begeisterte Harley-Fahrer, der sich ein Jahr zuvor mit seiner Firma G & R (Telefon 06341/960117, www.gr-sohn.com) selbständig gemacht hatte und seitdem Technik für Harley und Buell (zum Beispiel Big-Bore-Kits mit TÜV) anbietet, mit einer 80-PS-Harley. „Und dann willst du zwangsläufig immer mehr“, beschreibt er die typische Dragster-Karriere. Zum Glück gibt es in der Szene neben der Klasse Super Street Bikes, in der sich vor allem japanische Vierzylinder tummeln, auch ein spezielles Harley-Pendant. Bei den „Modified Harleys“ (Hubraumbeschränkung auf 2065 Kubikzentimeter) fuhr Sohn einige Jahre erfolgreich mit und schaffte als Erster die Viertelmeile unter zehn Sekunden. Grund genug, um 1999 in die Super Twin TopGas-Klasse aufzusteigen, das Höchste, was mit einem entfernt nach Harley aussehenden Dragster zu machen ist. Dementsprechend stellt sich sein Renngerät dar. Der Rahmen, von Kosman gebaut und in Eigenleistung modifiziert, verbindet auf 1,70 Meter eine nur 1,85 Zoll breite Vorderradfelge mit dem gewaltigen neun Zoll breiten Hinterrad, die Gesamtlänge (mit Wheeliebar) beträgt 3,70 Meter, das Gewicht mit „randvollem Zweilitertank“ 205 Kilogramm. Beschleunigt wird die Fuhre von einem 2730 Kubikzentimeter großen V2, in dem die 117-Millimeter-Kolben 127 Millimeter Hub zurücklegen, während sich die 41er-Mikuni-Rennvergaser um die Gemischbildung kümmern. Ergebnis: 265 PS bei 5850/min und ein maximales Drehmoment von 315 Nm bei 4600/min. Wer nun meint, die seien mit der Gashand schwer zu dosieren, liegt vollkommen falsch, weil die Gashand eines TopGas-Piloten digital arbeitet. „Es gibt nur Vollgas“, erklärt Sohn. „Beim Start und auch danach. Bei gezogener Kupplung ist die Drehzahl über einen Kontakt automatisch begrenzt. Erst wenn die Kupplung schnalzt, läuft der Motor auf vollen Touren. Danach wird mit dem Knopf am linken Lenkerende bis in den fünften Gang hochgeschaltet, und zwar unter Vollast per Luftdruck. Nicht einmal die Zündung wird unterbrochen.“ Notwendig für diesen Kraftakt ist ein spezielles Dragstergetriebe, dessen Zahnräder extrem hinterschliffen sind. Mit der Folge, dass Sohn nicht einfach auskuppeln kann, sondern sein Gerät nach dem Zielstrich ausrollen lässt. Und es damit weitaus gemütlicher hat als so mancher Pilot in der Dragster-Königsklasse, bei den Top-Fueler. Die nämlich verzögern nach dem Zielstrich so vehement per Bremsfallschirm, dass sich bisweilen die Netzhaut vom Auge löst. Und das ist dann die Infektion höchsten Grades mit dem Vollgas-Bazillus.



Konzeptvergleich Enduros
BMW R 1150 GS
Honda XL 650 V Transalp
KTM LC 4 625 Supercompetition
MZ Baghira Enduro
Suzuki DR-Z 400 S

Traum der Ruhelosen
Wie viel Enduro braucht der Mensch? Und bedeutet weniger Gewicht automatisch mehr Spaß? MOTORRAD scheuchte fünf Vertreterinnen der Offroadfraktion über traumhafte Schotterstrecken in Italien.
Von Rolf Henniges; Fotos: Jörg Künstle
Die Anstrengung des Tages hat sich schwarz in die Finger gefressen. Das Abenteuer von Geröll und Schlamm klebt in den Stollen der Reifen, die Augen der Fahrer reflektieren das aufbegehrende Flackern eines Lagerfeuers. Hinter den Bergmassiven versinkt die Sonne im Meer, wirft ihr rotes Licht auf Zelte und Motorräder. Postkartenklischee? Nein, Realität. Flaschen klirren, kehliges Lachen widerhallt in den Schluchten. Blicke wandern über die Motorräder. Anerkennende, überraschte, zufriedene. Liebkosen die Maschinen, die diesen traumhaften Tag ermöglicht haben. Kaum vorzustellen, was mit diesen Bikes möglich ist.
Rückblende. MOTORRAD ist im Namen der Wühlmaus unterwegs. Will in den italienischen Alpen ausprobieren, wann für so genannte Softenduros der Offroad-Infarkt droht. Die Probanden: BMW R 1150 GS, die Übergewichtlerin. Honda Transalp, die Phlegmatische. KTM LC4 625 Supercompetition, die Cholerische. MZ Baghira, die Schizophrene. Und letztlich Suzuki DR-Z 400 S, die Nervöse. Um vergleichbare Bedingungen für den Geländeeinsatz zu schaffen, buddeln sich alle auf Continental TKC 80-Bereifung durchs Geröll. Oder legen einen schlüpfrigen Tango aufs Teerparkett. Denn der TCK hasst, wie übrigens die meisten grobstolligen Reifen, nassen, kalten Asphalt wie Boris Becker die Steuerfahndung. Äußerst vorsichtig tastet sich das Testteam auf dem kurzen Teerband bis zum Abzweig ins Gelände. Vorhang auf, Klappe, die erste.
Feiner und grober Schotter. 180-Grad-Kehren. Leichte Spurrillen. Geraden, nie länger als 100 Meter. Die Tester hält Staubabstand, schrauben sich korkenzieherartig den Hang hinauf. Der TKC kommt sich vor allem auf der BMW und KTM vor wie auf der Marterfelge. Die 86 PS und die Drehmomentmuskeln der BMW malträtieren das Erdreich, pflügen es regelrecht um und lassen den enduresken Eisenbrocken wie ein Derwisch über die Piste fegen. Das satte Drehmoment des Boxers sorgt in Verbindung mit dem groben Profil für eine Traktion, die man der dicken GS gar nicht zutraut. Die gut zupackenden Stopper lassen sich wunderbar dosieren, das ABS kann gottlob abgeschaltet werden. Nur so ist das Fahren in gerölligem Grenzbereich realisierbar, sind gezielte Drifts in die Kehren möglich. Die Motorbremswirkung des Zweizylinders lässt sich zudem wunderbar in den Fahrstil integrieren. Selbst auf rutschigem Untergrund gibt sich die Bayerin trotz des für Geländeverhältnisse ungewöhnlichen 19-Zoll-Vorderrads lenkpräzise. Und ist dank ihres niedrigen Schwerpunkts phänomenal ausbalanciert. Einmal an Abmaße und Gewicht gewöhnt, lässt sich dieser Brocken bewundernswert schnell und sicher über losen Untergrund bewegen.
Das krasse Gegenstück: die KTM. Schluss mit Kompromissen. Sie will alles. Vor allem den Sieg. Kein Wunder, stammen die Gene direkt von den siegreichen WM-Maschinen: 97 Zentimeter Sitzhöhe, 57 PS bei 139 Kilogramm, ein Fahrwerk, das geometrisch auf Geradeauslauf getrimmt wurde. Federwege, die mit 295 Millimeter vorn und 320 hinten aus jeder durchlöcherten Dschungelpiste eine Landebahn zaubern. Allerdings zeigt sich die Gabel fürs Schotterbolzen eindeutig zu straff abgestimmt, macht eher auf Kamikaze als Komfort. Ideal agieren die Bremsen. Bestens dosierbar, vorn zweifingrig bedienbar, hinten nicht zu bissig. Überhaupt ist die Österreicherin in puncto Geländeergonomie fürs ralleymäßiges Bolzen das Maß der Dinge. Die Sitzbank schmal, sehr weit nach vorn gezogen, der Tank fügt sich harmonisch ein – turnen leicht gemacht. Jeden feinfühligen Befehl des Gasgriffs beantwortet der aggressive und blitzartig hochdrehende Motor mit bedingungslosem Vortrieb. Ein Verdienst des neuen Flachschiebervergasers in Verbindung mit der Hubraumaufstockung auf 625 cm³. Lust bekommen? Vorsicht! Es gibt derzeit nur wenige Fahrzeuge auf dem Markt, die trotz einer für Sportenduro untypischen, relativ langen Übersetzung (172 km/h), einen solch ausgeprägten Wheelie-Drang besitzen. Noch im dritten Gang steigt das Vorderrad in Richtung Jupiter, sofern man grobmotorisch veranlagt ist. Die 625 kann nicht anders. Supercompetition halt. Geliebte Sünde! Und das gleich doppelt. Denn die Leistung war nicht einmal eingetragen. Läppische 27 PS sind im Fahrzeugbrief vermerkt. Gut, dass es erst nach Fahrtantritt bemerkt wurde.
Das Wort Wheelie ist im transalpinen Wortschatz der Honda gar nicht vorhanden. Brav, wunderbar kontrollierbar und unspektakulär reicht der V2 seine 53 PS nach hinten. Kein ausbrechendes Heck, kein steigendes Vorderrad. Ihre Muskelkraft setzt die Transalp nahezu ausschließlich in Meter um. Das sehr auf Komfort abgestimmte Fahrwerk filtert selbst kleinste Unebenheiten heraus, vermittelt jedoch schon auf leicht ausgewaschenem Terrain das Gefühl, als wäre man mit einem Paddelboot bei Wellengang unterwegs. Die 216 Kilogramm erweisen sich in Verbindung mit der Sitzhöhe von 83,5 Zentimeter und dem recht großen Lenkeinschlag als handlich, die Bodenfreiheit von 190 Millimeter geht unter diesen Bedingungen noch in Ordnung. Gegen zügiges Schnalzen von Kehre zu Kehre wehrt sich die Honda. Mit einem Untersteuern und starkem Abtauchen der Frontpartie, mit extrem bissiger und dadurch schwer kontrollierbarer Bremse hinten. Die wirkt fast wie ein Verschlussbolzen. Entweder hopp oder stopp. Hinzu kommt ein psychologischer Aspekt: Das Plastikkleid. Ein unachtsamer Moment, schon ist die Seitenverkleidungskasse um 120 Euro erleichtert.
Darüber lacht der Baghira-Eigner. Sein Kunststoff ist durchgefärbt und hinterlässt trotz playmobiler Verspieltheit einen stabilen Eindruck. Ansonsten finden sich allerlei Details an der Baghira, die der guten alten ostdeutschen Geländesportära entstammen. Breite, gezahnte Fußrasten, per Excenter leicht verstellbarer Fußbremshebel, ein Seitenständer, der ideal am Rahmen anliegt und nie stört. Federungsseitig peppte Vater MZ sein Kind mit einer Marzocchi-Gabel und einem White-Power-Federbein auf. Während die 280 Millimeter Federweg am Heck in allen Fahrsituationen einen guten Eindruck hinterlassen, wirken sie an der Front etwas unterdämpft und schlaff. Letztere Eigenschaft gilt auch für den Motor. MZ täte gut daran, das Baghira-Cockpit mit einem Drehzahlmesser auszustatten. Die mit viel Schwungmasse versehenen, versprochenen 50 Pferde galoppieren zäh und lustlos über die 660er-Prärie, bis sie urplötzlich vorm Begrenzungsgatter stehen. Kontrollierte Drifts als unterstützende Lenkung sind nicht die Domäne der MZ. Dafür fühlt sich der Fahrer im wahrsten Sinne des Wortes erhoben. Grund: Gar nicht niedliche 92 Zentimeter Sitzhöhe in Verbindung mit einer breiten Sitzbank. Turnaktivitäten schränkt der breite, hochgezogene Tank ein.
Die sind auf der kleinen 400er-Suzuki wieder möglich. Die DR-Z wirkt im Verhältnis zur Konkurrenz wie ein motorisiertes Mountainbike. Schmal und leicht. Bedingt durch ihre weiche Federung sinken ihre gigantischen 97 Sitzzentimeter auf ein erträgliches Maß ab. Sie lässt sich federleicht umlegen, gezielt bremsen und präzise durch die Kehren zirkeln, ist das überschaubarste Bike. Sowohl in puncto Abmaße als auch Motorleistung. Ihre 39 PS überfordern nie. Hängen agil am Gas, sind wunderbar dosierbar, sprinten noch oben heraus, als wäre der Marlboro-Mann mit dem Lasso hinter ihrer Freiheit her. Und melden sich trotzdem brav zum Ackern in Trialpassagen. Gut so. Denn genau diese liegen jetzt vor den Vorderrädern. Klappe, die zweite.
Der Regengott hat seine Pranken mit aller Gewalt in das Erdreich geschlagen. Hat auf einer Strecke von mehreren hundert Metern alles, was kleiner als ein Zehn-Liter-Wassereimer ist, weggerissen. Der BMW R 1150 GS kraxelt zuerst durchs Kletterparadies. Aufgrund der Bodenfreiheit von 215 Millimetern ist eine Umschiffung gröberer Brocken jedoch unumgänglich. Mit sanften Gasstößen und Kupplungshilfe tänzelt die GS spielerisch durch den Parcours, klettert wie ein Muli. Doch Achtung! Langer erster Gang. Ratzfatz macht die Kupplung mit beißendem Geruch auf sich aufmerksam, Tod durch Überhitzung droht. Der tiefe Schwerpunkt, die ideale Position der Fußrasten in Verbindung mit dem perfekt gekröpften Lenker erleichtert das Fahren im Stehen. Das für eine Reiseenduro straff abgestimmte Fahrwerk fängt die Unebenheiten ab, lässt die GS nicht aus dem angepeilten Weg schnalzen. Sie bleibt spurtreu, ist nahezu immun für richtungsändernde Impulse durch Unebenheiten und kapituliert erst, als die Fahrtrille zu schmal für ihre ausladenden Zylinder wird.
Da hat es das zweite Dickschiff schwerer. Aufgrund der sehr soften Fahrwerksabstimmung torkelt die Transalp durch das Felsbrockenlabyrinth, als wäre sie betrunken. Durch das unkontrollierte Ausfedern gerät die 650er leicht auf eine ungewollte Fährte. Das tiefe Einfedern knabbert an der eh nicht üppigen Bodenfreiheit. Hinzu kommt, dass der in Gummi gelagerte Fußrastenhalter beim Fahren im Stehen nachgibt und der ebenso gelagerte Lenker ohne Mittelstrebe ebenfalls ein Eigenleben führt. Beides trägt nicht gerade zu einem sicheren Gefühl bei. Vieles, aber nicht alles, macht der gutmütige Motor wett. Die Kupplung ist super dosierbar, die Leistungscharakteristik optimal auf diesen Passagen. Weich, kontrollierbar, homogen.
Jederzeit abrufbar sind die überschwänglichen Kräfte der KTM auch. Bedingt durch die kleinen Schwungmassen akzeptiert der Motor niedertouriges Fahren unter 3000/min widerwillig, will permanent vorwärts. Leicht schießt man mit der österreichischen Rakete übers Ziel hinaus. Ganz klar, Puffis sind ihr zuwider, sie hat es am liebsten, wenn man ihr die Sporen gibt und permanent angast. Forsch von Stein zu Stein oder über diese springt. Ab diesem Zeitpunkt funktioniert die straffe Gabel perfekt. Die KTM spielt weitere Trümpfe aus: geringes Gewicht, perfekte Ergonomie, riesige Bodenfreiheit. Doch kein Licht ohne Schatten: Die gewaltige Sitzhöhe in Verbindung mit der straffen Federung und der auf Geradeauslauf getrimmten Geometrie fordern Einbußen in der Handlichkeit. Könner stört das ebenso wenig wie das ausschließliche Starten per Kickstarter.
Im Trümmerfeld der Piste schlägt die Stunde der MZ. Der Mix aus üppiger Bodenfreiheit, langen Federwegen und einem Motor mit leichtem Traktorcharakter überzeugt auch weniger Geübte. Wenngleich der erste Gang für Trialeinlagen etwas zu lang übersetzt ist, und sich das Getriebe teilweise recht hakelig durchsteppen lassen. Beim Fahren im Stehen dürfte der Lenker gern etwas höher, die Fußrasten eine Nuance weiter hinten montiert sein. Wie bereits auf der Schotterstrecke würde die Gabel einen wesentlich besseren Eindruck hinterlassen, wäre sie straffer. Gleiches gilt für die Suzuki. Die DR-Z ist um die Vorderachse nervös wie ein Kettenraucher ohne Tabak. Hier zollt der kurze Radstand in Verbindung mit dem geringen Nachlauf Tribut. Andersherum steht diese Kombination für geniale Handlichkeit. Und gerade diese lässt die 400er die Passage durchqueren, als ging’s durch Mutters Blumenbeet. Bestens dosierbare Kupplung, weiche Motorcharakteristik, viel Bewegungsspielraum durch eine hyperschmale Sitzbank. Überschattet wird der Gemsenstepp durch einen schnell absterbenden Motor. Eine leichte Erhöhung der Standgasdrehzahl bringt zwar Besserung, beseitigt das Problem jedoch nicht.
Es kommt, wie es kommen muss. Nach unzähligen schweißtreibenden Kilometern erreichen die Kämpfer alpine Höhenmeter. Vor den Augen ein filmkulissenreifes Panorama. Vor den Rädern ein Mix aus Schlamm, Schnee und vereisten Flächen. Schöne Grüße vom Dezember. Und nun? In den kleinen Tanks der Suzuki und KTM schwappen wenig Gründe, denselben Weg zurückzufahren. Jetzt heißt es, der Maschine völlig zu vertrauen.
Die langgezogenen Schlammrillen durchsurfen die Einzylinder, als wären sie gar nicht vorhanden. Allen voran die KTM. Ein Gasstoß – das Vorderrad lupft leicht, der Spurrillenwechsel läuft glatt, als gäb’s eine Weiche. Das ultrastabile Fahrwerk trägt ebenso wie die protzige Bodenfreiheit dazu bei, die Schlammrillen nahezu gänzlich ignorieren zu können. In den vereisten Rillen jedoch fühlt man sich wie Urmel. Die Füße erreichen kaum den Boden, der angriffslustige Motor und der hohe Schwerpunkt lassen das Hardenduroherz des Fahrers schnell in die Hose rutschen.
Die anderen beiden Einzylinder verbuchen hier Vorteile durch zahmere Motoren. Trotz immenser Sitzhöhe und drei Kilogramm Mehrgewicht gegenüber der KTM gewinnt die Handlichkeit der Suzuki klar das Vertrauen der Tester. Nachdem BMW und Transalp die Spurrillen mit Zylinderblöcken und ihren Aluminium-Motorenschützen geplant haben und endlich aufs Eis dürfen, überraschen sie. Mit menschenfreundlicher Sitzhöhe und touristisch-integrierter Sitzposition. Mensch und Motorrad verschmelzen auf beiden am besten – eine vertrauensbildende Maßnahme in harten Zeiten.
Also auch auf der Autobahn. Denn nicht jeder wohnt gleich neben dem Paradies. Kann es aber auf den beiden Zweizylindern, allen voran der BMW, am genüsslichsten erreichen, während das Abspulen von Überbrückungsdistanzen auf der Suzuki und KTM nur Hartgesottenen zu empfehlen ist. Wer weder auf luxuriöse Reisekissen noch auf siegreiche Geländerennen steht, von beidem jedoch die goldene Mitte möchte, der greift zur MZ.
Dass auch Softenduros für fetzige Offroadtrips taugen, hat dieser Tag gezeigt. Ein Tag, an dem die Träume von grenzenlosen Schotterabenteurer wahr geworden sind. Und der Traum einiger Ruhelosen in Erfüllung ging.
Vorbereitung
Touren abseits der normalen Verkehrswege erfordern umsichtige Vorbereitung. Das gilt für den „Proviant“ ebenso wie fürs Bike.
Mit dieser Daypack-Zusammenstellung fahren Sie auf Nummer sicher: zehn Kabelbinder, Stahldraht, Kaltmetall (funktioniert auch mit Seife und Klebeband), Ventilausdreher, 21-Zoll-Schlauch (passt notfalls in alle Raddurchmesser), zwei Reifenmontierhebel, drei C0²-Patronen, Reifenflickzeug, vier Spanngurte, vier mittelgroße Schlauchschellen, lange Schrauben M6 und M8, großes Bordwerkzeug mit Kettentrenner, kleine Eisensäge, Feile, Kettenglieder, zwei Kettenschlösser, Brems- und Kupplungshebel, universeller Bowdenzug, Taschenlampe, Verbandszeug, Rettungsdecke, Wasserbehälter (entweder als Camelbag oder unzerstörbare Aluflasche), Plastikflasche (Wasserflasche, mit der man notfalls Benzin umfüllen kann), gutes Kartenmaterial (mindestens 1:100000), Kompass, fünf Müssliriegel oder Powerbars (extreme Kraftmahlzeit für Ausdauersportler in Riegelform) Handy, Regensachen – diese Ausrüstung wiegt zirka neun Kilogramm (plus Wassermenge) und passt in einen 20-Liter-Daypack – oder einen Tankrucksack.
Generell sollten alle Bikes mindestens mit folgenden Dingen ausgerüstet werden: Handprotektoren (am besten Kevlar-verstärkt oder mit Aluminiumstrebe, Acerbis), grobstollige Reifen (Continental TKC 80, Metzeler Karoo), stabiler Motorschutz (Touratech, Götz, SW-Motech)
Für exzessive Schotterabenteuer empfiehlt MOTORRAD: bei der BMW R 1150 GS: Sturzbügel (Touratech, BMW) und Keramikkupplung (Touratech). Honda Transalp: Sturzbügel, großer Aluminium-Motorschutz (Touratech), Gabelfedern (WP oder Wirth), Federbein (WP oder Öhlins). KTM 625 Supercompetition: Alu-Motorschutz Full Protection, 18-Liter Tank (beides KTM-Originalteile). MZ Baghira: Gabelfedern (Wirth, WP), Alu-Motorschutz (Touratech). Suzuki DR-Z 400 S: straffere Federn für Gabel und Federbein (Showa, Wirth, Bezug über Dirk v. Zitzewitz), 16-Liter-Tank (Acerbis), Motorschutz (Alu von CRD, größerer Plastik-Tank vom Sportmodell DR-Z, Carbon von Zitzewitz)
















BMW R 1150 GS

Motor: Luft-/ölgekühlter Zweizylinder-Viertakt-Boxermotor, Kurbelwelle längsliegend, je eine hochliegende, über Zahnräder und Kette getriebene Nockenwelle, vier Ventile pro Zylinder, elektronische Saugrohreinspritzung, Ø 45 mm, geregelter Katalysator, E-Starter.
Bohrung x Hub 101 x 70,5 mm
Hubraum 1130 cm³
Nennleistung
63 kW (86 PS) bei 6800/min
Max. Drehmoment
98 Nm (10 kpm) bei 5300/min
Kraftübertragung: Einscheiben-Trockenkupplung, Sechsganggetriebe, Kardan.

Fahrwerk: Tragende Motor-/Getriebe-Einheit, längslenkergeführte Telegabel, Ø 35 mm, verstellbare Federbasis, Zweigelenk-Einarmschwinge aus Aluguss, verstellbare Federbasis und Zugstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Vierkolbensättel, Ø 305 mm, Scheibenbremse hinten, Ø 276 mm, Zweikolbensattel.
Reifen 110/80 R 19; 150/70 R 17

Fahrwerksdaten: Lenkkopfwinkel 64 Grad, Nachlauf 115 mm, Radstand 1509 mm, Federweg v/h 190/200 mm

Maße und Gewichte
Sitzhöhe* 850 mm, Bodenfreiheit* 215 mm, Gewicht vollgetankt* 263 kg, Tankinhalt/Reserve 22 Liter.
Garantie Zwei Jahre ohne Kilometerbegrenzung
Preis Testmotorrad inkl. MwSt. und Nk 12031,76 Euro


MOTORRAD-Messungen
Höchstgeschwindigkeit Solo 199 km/h
Beschleunigung Solo
0-100 km/h 3,7 sek
Durchzug Solo
60-100 km/h 5,8 sek
Verbrauch im Gelände 9,8 l/100 km

* MOTORRAD-Messungen
Honda XL 650 V Transalp

Motor: Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-52-Grad-V-Motor, Kurbelwelle querliegend, je eine obenliegende, kettengetriebene Nockenwelle, drei Ventile pro Zylinder, Kipphebel, Nasssumpfschmierung, Keihin-Gleichdruckvergaser, Ø 34 mm, ungeregelter Katalysator mit SLS, E-Starter.
Bohrung x Hub 79 x 66 mm
Hubraum 647 cm³
Nennleistung
39 kW (53 PS) bei 7500/min
Max. Drehmoment
55 Nm (5,6 kpm) bei 5500/min
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe, O-Ring-Kette.

Fahrwerk: Einschleifenrahmen aus Stahlrohr, geteilte Unterzüge, Telegabel, Ø 41 mm, Zweiarmschwinge aus Stahlprofilen, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis und Druckstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Doppelkolbensättel, 256 mm, Scheibenbremse hinten, Ø 240 mm, Einkolbensattel.
Reifen 90/90 S 21; 120/90 S 17
Fahrwerksdaten
Lenkkopfwinkel 62 Grad, Nachlauf 108 mm, Radstand 1505 mm, Federweg v/h 200/172 mm

Maße und Gewichte
Sitzhöhe* 835 mm, Bodenfreiheit* 190 mm, Gewicht vollgetankt* 216 kg, Tankinhalt/Reserve 19/3,5 Liter
Garantie Zwei Jahre ohne Kilometerbegrenzung
Leistungsvarianten
25 kW (34 PS)
Preis inkl. MwSt. und Nk 7 543Euro

MOTORRAD-Messungen
Höchstgeschwindigkeit Solo 177 km/h
Beschleunigung Solo
0-100 km/h 4,8 sek
Durchzug Solo
60-100 km/h 5,2 sek
Verbrauch im Gelände 7,9 l/100 km

* MOTORRAD-Messungen
KTM LC 4 625 Supercompetition

Motor: Wassergekühlter Einzylinder-Viertaktmotor, eine Ausgleichswelle, eine obenliegende, kettengetriebene Nockenwelle, vier Ventile, Kipphebel, Nasssumpfschmierung, Keihin-Flachschiebervergaser, Ø 41 mm, keine Abgasreinigung, Kickstarter.
Bohrung x Hub 101 x 78 mm
Hubraum 625 cm³
Nennleistung
20 kW (27 PS) bei 5500/min
Max. Drehmoment
k.A.
Kraftübertragung
Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe, O-Ring-Kette.

Fahrwerk: Einschleifenrahmen aus Stahlrohr, geteilte Unterzüge, geschraubtes Rahmenheck aus Alu-Rohren, Upside-down-Gabel, Ø 43 mm, verstellbare Zug- und Druckstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Aluprofilen, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Scheibenbremse vorn, Doppelkolbensattel, Ø 260 mm, Scheibenbremse hinten, Ø 220 mm, Einkolbensattel.
Reifen 90/90 - 21; 140/80 - 18
Fahrwerksdaten
Lenkkopfwinkel 62,5 Grad, Nachlauf 124 mm, Radstand 1510 mm, Federweg v/h 295/320 mm.

Maße und Gewichte
Sitzhöhe* 970 mm, Bodenfreiheit* 335 mm, Gewicht vollgetankt* 139 kg, Tankinhalt/Reserve 9/1,5 Liter.
Garantie Sechs Monate ohne Kilometerbegrenzung
Leistungsvarianten
31 PS (23 kW)
Preis inkl. MwSt. und Nk 7308 Euro

MOTORRAD-Messungen
Höchstgeschwindigkeit Solo 172 km/h
Beschleunigung Solo
0-100 km/h 4,3 sek
Durchzug Solo
60-100 km/h 4,3 sek
Verbrauch im Gelände 8,7 l/100 km

* MOTORRAD-Messungen
MZ Baghira Enduro

Motor: Wassergekühlter Einzylinder-Viertaktmotor, eine Ausgleichswelle, eine obenliegende, kettengetriebene Nockenwelle, fünf Ventile pro Zylinder, Kipphebel, Trockensumpfschmierung, Teikei-Registervergaser, Ø 26/35 mm, keine Abgasreinigung, E-Starter.
Bohrung x Hub 100 x 84 mm
Hubraum 660 cm³
Nennleistung
37 kW (50 PS) bei 6500/min
Max. Drehmoment
57 Nm (5,8 kpm) bei 5300/min
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe, O-Ring-Kette.

Fahrwerk: Einschleifenrahmen aus Stahlrohr, geteilte Unterzüge, geschraubtes Rahmenheck, Telegabel, O 45 mm, verstellbare Zug- und Druckstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Aluprofilen, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Scheibenbremse vorn, Doppelkolbensattel, Ø 282 mm, Scheibenbremse hinten, Ø 246 mm, Einkolbensattel,.
Reifen 90/90 - 21; 120/80 - 18
Fahrwerksdaten: Lenkkopfwinkel 62 Grad, Nachlauf 130 mm, Radstand 1530 mm, Federweg v/h 280/280 mm.

Maße und Gewichte
Sitzhöhe* 920 mm, Bodenfreiheit* 290 mm, Gewicht vollgetankt* 174 kg, Tankinhalt/Reserve 13,5/2,5 Liter.

Garantie Zwei Jahre ohne Kilometerbegrenzung
Leistungsvarianten 34 PS (25 kW)
Preis inkl. MwSt. und NK 6 325,50 Euro

MOTORRAD-Messungen
Höchstgeschwindigkeit Solo 157 km/h
Beschleunigung Solo
0-100 km/h 5,6 sek
Durchzug Solo
60-100 km/h 7,3 sek
Verbrauch im Gelände 7,6 l/100 km

* MOTORRAD-Messungen
SUZUKI DR-Z 400 S
Motor: Wassergekühlter Einzylinder-Viertaktmotor, eine Ausgleichswelle, zwei obenliegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile, Tassenstößel, Trockensumpfschmierung, Mikuni-Flachschiebervergaser, Ø 36 mm, SLS-System, E-Starter.
Bohrung x Hub 90 x 62,6 mm
Hubraum 398 cm³
Nennleistung
29 kW (39 PS) bei 7600/min
Max. Drehmoment
39 Nm (4 kpm) bei 6600/min
Kraftübertragung: Mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe, O-Ring-Kette.

Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen aus Stahlrohr, geschraubter Hilfsrahmen aus Alu-Rohren, Telegabel, O 49 mm, verstellbare Federbasis und Druckstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Aluprofilen, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis und Druckstufendämpfung, Scheibenbremse vorn, Doppelkolbensattel, Ø 250 mm, Scheibenbremse hinten, Ø 220 mm, Einkolbensattel.
Reifen 80/100 - 21; 120/90 - 18
Fahrwerksdaten
Lenkkopfwinkel 62,4 Grad, Nachlauf 109 mm, Radstand 1475 mm, Federweg v/h 260/260 mm.

Maße und Gewichte
Sitzhöhe* 970 mm, Bodenfreiheit* Gewicht vollgetankt* 193 kg, Tankinhalt/Reserve 10 Liter.

Garantie Zwei Jahre ohne Kilometerbegrenzung
Preis inkl. MwSt. und Nk 6 457 Euro

MOTORRAD-Messungen
Höchstgeschwindigkeit Solo 153 km/h
Beschleunigung Solo
0-100 km/h 5,7 sek
Durchzug Solo
60-100 km/h 5,0 sek
Verbrauch im Gelände 6,7 l/100 km

* MOTORRAD-Messungen
Messungen
Die Theorie bestätigt die subjektiven Fahreindrücke. Hoch über allen anderen thront das Drehmoment- und Leistungsgebirge der BMW. Deren Einbrüche in der Drehmomentkurve sind eventuell auf die strikte Einhaltung der Abgas- und Geräuschnormen zurückzuführen. Etwas, worum sich die KTM in der offenen Leistungsvariante nicht scheren muss. Denn homologiert und ausgeliefert wird die starke Österreicherin nur mit rund 27 beziehungsweise 31 PS. Alle Einzylinder zaubern sehr harmonische Kurven aufs Papier ohne Einbrüche oder steile Anstiege. Gut zu erkennen: Die im Test monierte, träge Leistungsabgabe der MZ hinterlässt in Verbindung mit der über das gesamte Drehzahlband nahezu gleichmäßigen Drehmomentabgabe beim Fahren eine Art Traktoreindruck. Gut geeignet zu trialmäßiger Fortbewegung, schlecht zum Sprinten.


Kultwerk Orange

Mit der 640er-Enduroversion hat die KTM LC4 die Zuverlässigkeit erreicht, von der die Besitzer der Vorgängermodelle noch träumten. Macht das den Gebrauchtkauf einfacher?




Von Peter Limmert; Fotos: Bilski, Hertneck, Jahn, Künstle, Sdun-Heinlein Der steile Aufstieg des österreichischen Herstellers KTM - im Geschäftsjahr 2001 kletterte die Verkaufszahl auf über 45000 Stück – begann, als die japanische Konkurrenz mit immer softeren Einzylinder-Enduros das Geländesegment Mitte der 90er Jahre freiwillig räumte. Davon profitierten natürlich auch die LC4-Modelle. Speziell die 640er fand ab 1998 in Deutschland viele Käufer, mittlerweile sind rund 4500 Stück hierzulande unterwegs. Urplötzlich waren fast aus der Mode gekommene Eigenschaften wie derbe Vibrationen, ein kompromisslos sportliches Gelände-Fahrwerk mit riesigen Federwegen und extremen Nehmerqualitäten beim harten Kern der Offroadfreaks wieder angesagt. Mehr als 90 Prozent der 640er-Treiber freilich haben aus Mangel an geeignetem Terrain gar keine Gelegenheit, die außerordentlichen Qualitäten ihrer Enduro im Gelände auszuprobieren. Doch offensichtlich macht der rustikal orangenfarbene Renner selbst im reinen Straßenbetrieb so viel Laune, dass ihm eine immer zahlreichere Fangemeinde zuwächst, auch der Supermoto-Version mit reiner Straßenbereifung auf 17-Zoll-Reifen. Seit dem 620er-Vorgängermodell hat KTM in Sachen Fertigungsqualität und Zuverlässigkeit viel unternommen hat, um aus dem noch etwas unfertigen Vierventil-Single ein nicht nur konkurrenzfähiges, sondern in Ansätzen zivileres Gerät auf die Räder zu stellen. Aus dem stampfenden, mit störrischer Gasannahme und nur per Kickstarter sehr kräftezehrend zum Leben zu erweckenden Vorgänger ist ein kultivierter Bursche geworden. Ein japanischer Mikuni- statt eines italienischen Dellorto-Vergasers sorgt für gleichmäßigere Power, der E-Starter lässt die hartnäckigen Startprobleme vergangener Zeiten vergessen. Allerdings eignet sich der Motor auch heute noch nicht zum beschaulichen reisen. Zu sehr nerven bei höheren Drehzahlen trotz Ausgleichswelle noch immer derbe Vibrationen, und gegen untertouriges Bummeln wehrt sich der ruppige Motor. Auch bei der 640er ist konzentriertes, sportliches Fahren angesagt. Zumal für die Bolzerei auf der Straße die großen Federwege hinreichend straff ausgelegt sind, an der Vorderpartie für leichte Fahrer sogar etwas zu hart. Schnelle Richtungswechsel verlangen einigen Kraftaufwand und einen routinierten Piloten. Im Gelände steckt das Fahrwerk derbe Schläge und Sprünge problemlos weg, ist bei langsamen, eher trialmäßigen Passagen allerdings etwas unhandlich. Dazu tragen die serienmäßigen Metzeler Enduro 3 mit mangelnder Seitenführung und Traktion bei. Einen besseren Kompromiss zwischen Asphalt und Gelände bieten Michelin T 63,Pirelli MT 21 oder Conti TKC 80. Wer Geländeambitionen hat, sollte statt des sperrigen Hauptständers unbedingt einen Seitenständer für problemloseres Abstellen sowie Acerbis-Handschalen montieren und einen Motorschutz, um das Triebwerk zu schützen. Gewöhnungsbedürftig und für Piloten unter 180 Zentimeter kaum zu bewältigen ist die respektable Sitzbankhöhe von 940 Millimetern. In schnellen Passagen beginnt darob das Heck leicht zu schwänzeln, ohne dass die KTM deshalb an Zielgenauigkeit und Stabilität einbüßt. Wie bei Enduros üblich muss der Gebrauchtkäufer die vom Geländeeinsatz stark beanspruchten Komponenten akribisch unter die Lupe nehmen. Als da sind: Gabeldichtringe, Lenkkopf-, Rad- und Schwingenlager sowie die exakte Speichenspannung der Räder. Außerdem den Motor auf sturzbedingte Risse und Undichtigkeiten, den Unterboden auf Steinschlagschäden prüfen. Überhaupt sollte jeder Interessent einer 640er-LC4 erst nach einer längeren Probefahrt entscheiden, ob er mit dem Mattighofener Kultobjekt in Orange klar kommt. Damit er das Image auch genießen kann.




Gebrauchtkauf Datenkasten
Steckbrief
MOTOR: Wassergekühlter Einzylinder-Viertakt-Motor, eine obenliegende, kettengetriebene Nockenwelle, vier über Kipphebel betätigte Ventile, Hubraum 625 cm³, Nennleistung 49 PS (36 kW) bei 7500/min, maximales Drehmoment 53 Nm bei 6000/min, Gleichdruckvergaser, ungeregelter Katalysator, elektronische Zündung, E- und Kickstarter, Fünfganggetriebe, Kettenantrieb.
FAHRWERK: Einschleifen-Stahlrohrrahmen, Telegabel mit verstellbarer Zug- und Druckstufendämpfung vorn, Zweiarmschwinge aus Aluprofilen, Zentralfederbein mit verstellbarer Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Scheibenbremse vorn, Scheibenbremse hinten, Federweg v/h 280/320 mm, Reifengröße vorn 90/90-21, hinten 140/80-18
SITZHÖHE: 940 mm
GEWICHT VOLLGETANKT: 161 kg
ZULADUNG: 189 kg
TANKINHALT/RESERVE: 12/2 Liter
0-100 km/h solo : 4,8 sek
HÖCHSTGESCHWINDIGKEIT solo : 165 km/h
VERBRAUCH: 5,8 Liter/100 km Super
SERVICE-INTERVALLE: alle 5000 Kilometer
BAUZEIT (NEUPREISE):
1998 (6488 Euro)
bis heute (2002 6990 Euro)
GEBRAUCHTPREISE LAUT SCHWACKELISTE:
1998 (32500 Kilometer) 3850 Euro
1999 (24100 Kilometer) 4375 Euro
2000 (15700 Kilometer) 5050 Euro
BESTAND: Zirka 4500 Stück
WICHTIGE TECHNISCHE ÄNDERUNGEN:
2000 Upside-down-Gabel, Stahlrohr-gepäckträger
2001 wahlweise 35 Millimeter niedigere Sitzbank, neuer Fußbremshebel und neuer Edelstahl-Schalldämpfer 2002 Gepäckträger nur noch optional
STÄRKEN:
- vitaler Motor
- stabiles Fahrwerk
- voll geländetauglich
SCHWÄCHEN:
- kräftige Vibrationen
- extreme Sitzhöhe
- hohe Lenkkräfte
TESTS IN MOTORRAD1:
Vergleichstest 14/1998
Vergleichstest 4/1999
Vergleichstest 1/2000
Vergleichstest 12/2000
Top-Test 7/2001
Ersatzteil-Preise
Sturzteile
Kupplungsarmatur 73 Euro
Handbremsarmatur 163 Euro
Lenker 167Euro
Rückspiegel 34 Euro
Blinker vorn 17 Euro
Blinker hinten 17 Euro
Tachometer 190 Euro
Tank, lackiert 490 Euro
Scheinwerfer 57 Euro
Gabelstandrohr 416 Euro
Gabeltauchrohr 355 Euro
Schutzblech vorn 19 Euro
Vorderrad 328 Euro
Schalldämpfer 619 Euro
Seitenständer 101 Euro
Rahmen komplett 828 Euro
Rahmenheck 354 Euro
Verschleißteile
Bremsbeläge vorn 28 Euro
Bremsbeläge hinten 28Euro
Bremsscheibe vorn 179 Euro
Kupplungsreibscheiben 136 Euro
Luftfilter 14 Euro
Ölfilter 26 Euro
Kettensatz 135 Euro
Batterie 89 Euro
Federbein 747 Euro
Tachowelle 26 Euro
Gaszug 44 Euro
Gabelsimmerringe 31 Euro
Zylinderkopfdichtung 28 Euro
Kupplungszug 16 Euro
Lenkkopflager 66 Euro
Radlagersatz, hinten 38 Euro
Sitzbank 96 Euro
18-Liter-Tank mit Dekor 462 Euro
niedrigere Sitzbank 103 Euro





„Trotz anfänglicher Bedenken möchte ich sie heute nicht mehr missen“
Eric Zimmermann, Speyer
„Nach 46000 Kilometern ist sie für mich das Superbike unter den Einzylinder-Enduros“
Peter Schiesches, Frankfurt/Oder
„Der Deckel des Wasserkühlers spuckt von Anfang an Kühlmittel aus. Füllt man 200 Milliliter weniger Wasser ein, überhitzt der Motor. Also den Kühler wieder auffüllen und spucken lassen. An meiner LC4den Schalldämpfer der SXC montiert, einen offenen Luftfilter-Seitendeckel und eine 160er-Hauptdüse. Bei moderatem Schallpegel deutlich mehr Kraft und ein harmonischerer und vibrationsloserer Motorlauf“
Wilhelm Heinz, Braunfels
Jürgen Mayer, erfahrener KTM-Händler und erfolgreicher Profi im KTM-Werksteam bei der Rallye Paris-Dakar.

? Viele LC4-Interessenten haben Zweifel an der Zuverlässigkeit der Motoren.
Bei guter Pflege und Wartung sind mehr als 50000 Kilometer möglich.
? Es soll häufiger Schäden an Nocken- und Kurbelwellen gegeben haben?
Nockenwellenlager waren 1993/94 ein Problem, in Einzelfällen noch später.
Kurbelwellenschäden sind ein generelles Einzylinderproblem, kein KTM-spezifisches.
? Gibt es auch Probleme mit rutschenden Kupplungen?
Nein. Wenn, ist zum Teil eher ungeeignetes Öl oder eine falsche Grundeinstellung die Ursache.
? Ist die einjährige KTM-Garantiezeit nicht unzeitgemäß?
Ab 2002 haben alle LC4 640-Modelle zwei Jahre Garantie.
? KTM boomt, sehen Sie noch Wachstumschancen?
Ja, im Super-Moto-Sektor, auch im Wettbewerbsbereich, weniger bei den Straßen- und Enduro-Modellen.